
Wie wird der Preis für ein Barrel Rohöl festgelegt?
An der Börse kann man verschiedene Ölsorten traden, deren Preis von ihrer Qualität im Vergleich zu den sogenannten Referenzsorten abhängt. Als Referenz für Rohöl gelten das in der Nordsee geförderte Brent-Öl und das Öl der Sorte WTI (West Texas Intermediate). Mehr als die Hälfte des weltweit geförderten Öls ist an den Preisindex dieser beiden Rohöl-Referenzsorten gebunden. Jedes Öl wird dabei mit einem Auf- oder Abschlag auf den Preis des Referenzöls belegt, der den Qualitätsunterschied zur Referenz abbilden soll.
Wer legt jedoch den Preis des Ölbarrels eigentlich fest? Im Grunde sind es nur ein paar Dutzend Akteure, denen die Festlegung des Ölpreises obliegt. Dabei handelt es sich vor allem um Öl- und Gaskonzerne, Vertreter der Förderländer, die Mitglied der OPEC sind, europäische und amerikanische Brennstoffhändler sowie einige Banken, die sich auf den Handel mit Rohöl spezialisiert haben.
Die Funktionsweise, wie der Preis für ein Barrel Öl tatsächlich zustande kommt, ist komplex und nur schwer nachzuvollziehen. Der Prozess hängt von zahlreichen Regelungen ab, die im Laufe der Zeit von Agenturen wie Platts und Argus Media (auch bekannt unter dem Namen Petroleum Argus) vorgeschrieben wurden. Diese Agenturen sind mit der Notierung der Referenzöle beauftragt, da auf diese Weise der Prozess so wenig wie möglich manipuliert werden soll.
Wie Sie in der Folge noch lesen werden, gibt es zahlreiche externe Faktoren, die die Festlegung des Ölpreises beeinflussen, beispielsweise das Verhältnis von Angebot und Nachfrage oder andere kontextbezogene Faktoren. Zu diesen Faktoren zählen beispielsweise: der juristische Kontext auf nationaler oder manchmal auch regionaler Ebene; Ankündigungen oder Dementis über die Entdeckung neuer Erdölvorkommen auf der ganzen Welt; geostrategische Risiken, denn Öl ist eine natürliche Ressource, deren Kurs oft schnell auf internationale Konflikte oder Spannungen reagiert (vor allem auf Nachrichten oder politische Entscheidungen der Förderländer, darunter die Mitgliedsländer der OPEC); die stetig steigenden Investitionskosten, da gut zugängliche Vorkommen zur Neige gehen und Förderunternehmen immer höhere Summen in die Suche, Förderung und Reinigung von unkonventionellem Erdöl investieren müssen, das allerdings oft verschmutzt ist oder sich sehr tief unter der Erde bzw. unter dem Meer befindet. Die Ausbreitung von alternativen Energien und der Kohlenstoffmarkt sind ebenfalls kontextbezogene Elemente, die den Preis beeinflussen können.
Wissenswertes über manipulierte Rohölpreise
In der Vergangenheit ist es trotz strenger Überwachung durch die mit der Preisfestlegung beauftragten Agenturen vorgekommen, dass der Kurs von Rohöl manipuliert wurde. Im Laufe der letzten Jahre wurden diverse betrügerische Transaktionen und Kursmanipulationen publik. Folgende Beispiele sollten Sie kennen, bevor Sie mit der Analyse des Vermögenswerts beginnen.
- Was den Kurs des Brent-Öls aus der Nordsee angeht, verdächtigte die Europäische Kommission 2013 einige Industriekonzerne, unter anderem den Konzern Equinor, ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht zu haben. Die EU-Kommission eröffnete eine Untersuchung, um herauszufinden, ob es Preisabsprachen zwischen einigen Öl- und Gaskonzernen und der oben erwähnten Agentur Platts gegeben hatte, um eine Veränderung der Zahlen bei Börsenschluss zu bewirken. Laut Quellen aus dem Umfeld der Untersuchung könnte diese Manipulation bereits 2002 begonnen haben. Die Konzerne hätten auf diese Weise die Wettbewerbsregeln ausgehebelt und so indirekt die weltweiten Kurse manipuliert, da sich diese zu mehr als der Hälfte am Kurs des Brent-Öls orientieren. Zu den Unternehmen, die von dieser Untersuchung betroffen waren und die damit direkt angeschuldigt wurden, gehören unter anderem Royal Dutch Shell, BP, Equinor und Platts.
- Ein Jahr später, also 2014, wurde in den USA eine weitere Affäre manipulierter Ölpreise aufgedeckt. Eine Kommission des amerikanischen Senats enthüllte in jenem Jahr Praktiken einiger Banken – darunter JP Morgan Chase, Goldman Sachs und Morgan Stanley –, in Bezug auf Rohstoffmärkte wie den Kupfermarkt und den Ölmarkt. Die Banken wurden beschuldigt, die Märkte zu ihrem Vorteil manipuliert zu haben, indem sie große Mengen dieser Rohstoffe lagerten, hinter denen jedoch keine zielgerichtete Produktion stand.
Einflussfaktoren auf die Kursentwicklung von Rohöl
Nachdem wir uns nun den Kontext und die Besonderheiten angesehen haben, die bei sich auf den Kurs von Rohöl auswirken können, erfahren Sie in der Folge mehr über die regelmäßig wiederkehrenden Elemente, anhand derer Investoren mögliche Kursschwankungen dieses Rohstoffs vorzusagen versuchen.
Auf die Analyse dieser Faktoren darf man auf keinen Fall verzichten, denn Öl wird wie alle anderen Rohstoffe und finanziellen Vermögenswerte vor allem durch Angebot und Nachfrage, genauer gesagt durch das Verhältnis zwischen den beiden Größen, bestimmt.
Öl ist bekanntlich ein unverzichtbarer Rohstoff, der auf der ganzen Welt entweder im rohen Zustand oder als Treibstoff eingesetzt wird, und aus dem Kunststoff, pharmazeutische Produkte und vieles andere produziert wird. Aus diesem Grund herrscht nach wie vor eine starke Nachfrage nach Öl, wobei diese zum großen Teil von der wirtschaftlichen Lage dieser Industriezweige bestimmt wird. Steigt nämlich die Nachfrage dieser Branchen, während die Produktion stagniert, dann führt dies logischerweise zu einer Preissteigerung des Rohstoffs. Umgekehrt haben die Unternehmen dieser Branchen bei einer wirtschaftlichen Rezession einen geringeren Ölbedarf, sodass die Nachfrage insgesamt sinkt. Bleibt die Produktion in diesem Fall gleich, dann liegt es auf der Hand, dass diese Situation zu einem sinkenden Preis für das Barrel Rohöl führt.
Ihnen ist nun sicherlich klar, dass man in erster Linie das Verhältnis von Angebot und Nachfrage analysieren muss, um abschätzen zu können, in welche Richtung sich der Rohölpreis entwickeln wird.
Dennoch sei darauf hingewiesen, dass diese Analyse heute etwas komplizierter als früher ist. Noch vor einigen Jahren konnte man relativ einfach nachvollziehen, wie sich der Preis verhalten würde. Damals waren die USA der größte Abnehmer von Rohöl. Auf der Produktionsseite dagegen war die OPEC der wichtigste Lieferant des Marktes. Im Laufe der Jahre wurde diese Situation jedoch immer komplexer und in der Folge auch konfuser. Dies erklärt sich durch die Fortschritte in der Bohrtechnologie, durch welche sich das Angebot deutlich verbessert hat. Zudem kamen alternative Produktionsmethoden auf. Schließlich tauchten auch neue Akteure auf. China wurde beispielsweise einer der größten Abnehmer von Öl weltweit.
In der Folge lesen Sie Genaueres über die verschiedenen Faktoren, die Angebot und Nachfrage nach Öl bestimmen und daher die Preisentwicklung und den Kurs dieses Rohstoffs beeinflussen.
Welche Punkte beeinflussen das Angebot von Öl?
Sehen wir uns zunächst das weltweite Ölangebot an. Es gibt verschiedene Faktoren, die sich direkt oder indirekt darauf auswirken, wie viel Öl auf dem Markt zur Verfügung steht. Dazu einige Details.
Zunächst ist es besonders wichtig, sein Augenmerk auf alle aktuellen Nachrichten der OPEC zu richten. Die Abkürzung OPEC steht für Organisation Erdöl exportierender Länder. Diese Organisation legt für jedes Mitglied eine Produktionsquote fest. Sie besteht aus 14 Mitgliedsländern, die gemeinsam 40 % des weltweiten Jahresbedarfs an Rohöl produzieren. Die Quoten der OPEC beeinflussen somit das weltweite Angebot des schwarzen Goldes stark und geben einen Anhaltspunkt, um dessen Höhe relativ präzise bestimmen zu können. Vor allem auf die Zusammenkünfte der OPEC sollte man in diesem Zusammenhang genau achten, da sie starke Auswirkungen haben. Im Rahmen dieser Treffen werden die zukünftigen Produktionsmengen diskutiert und festgelegt. Wenn die Mitgliedsländer der OPEC eine Vereinbarung über die Festlegung der Produktionsquoten getroffen haben, dann hat dies einen direkten Einfluss auf den Preis für das Barrel Rohöl. Allerdings muss man wissen, dass es geopolitische Ereignisse gibt, die einen Konsensus zwischen den Mitgliedern der OPEC erschweren können. Das war insbesondere 2014 der Fall. In diesem Jahr konnten sich die OPEC-Länder nicht auf ein Einfrieren der Ölproduktion einigen, um dadurch dem verlangsamten Wirtschaftswachstum in China und der Ausbreitung des amerikanischen Ölschiefers Rechnung zu tragen. Dadurch erhöhte sich das Angebot und überstieg schließlich die Nachfrage bei Weitem. Folge war, dass der Rohölpreis einbrach.
Die OPEC ist natürlich nicht der einzige Akteur auf der Angebotsseite des weltweiten Ölmarktes. Es gibt noch andere Ölförderländer, die nicht Mitglied dieser Organisation sind, die man jedoch ebenfalls berücksichtigen sollte. Russland, Saudi-Arabien und die Vereinigten Staaten waren jahrelang die drei größten Ölproduzenten auf der Welt. Saudi-Arabien hat sich inzwischen der OPEC angeschlossen, doch Russland und die Vereinigten Staaten spielen eine große Rolle bei der Bildung des Ölpreises und müssen daher in die Überlegungen einbezogen werden. Angesichts der Tatsache, dass es aktuell keine einheitlichen Quoten gibt, ist es schwierig geworden, die Produktionsmengen dieser Länder genau zu bestimmten.
Im Rahmen einer Analyse des Ölangebots muss man auch die sogenannten «â€¯Angebotsschocks » berücksichtigen. Bekanntlich stammt ein Großteil des weltweit geförderten Öls aus dem Mittleren Osten. Militärische Konflikte und Terrorismus in dieser Region können daher die weltweite Ölproduktion stark beeinflussen. In den 2000er-Jahren wurde die Produktion beispielsweise durch den Irakkrieg gebremst. Auch spezifische klimatische Ereignisse können einen starken Einfluss auf die Produktion und somit das Angebot von Öl haben. So konnte man beispielsweise nach dem Hurrikan Katrina einen Anstieg des Barrelpreises feststellen, da der Hurrikan eine wichtige Pipeline zerstörte.
Welche Faktoren beeinflussen die Nachfrage nach Öl?
Wir kommen nun zu den Faktoren, die die Nachfrage nach Öl mehr oder weniger stark beeinflussen können.
- Ein wichtiger Punkt sind dabei die Daten aus den Vereinigten Staaten, da die Nachfrage nach Öl in diesem Land seit einigen Jahren sinkt. Trotz der sinkenden amerikanischen Nachfrage hat das Wirtschaftswachstum in China den Ölpreis nach der Rezession von 2008 zwar gestärkt, doch zur Stunde sind die USA immer noch der größte Abnehmer von Öl weltweit. Aus diesem Grund sind die Veröffentlichungen der Energy Information Administration (EIA) über die Rohölvorräte des Landes ein erstklassiger Indikator, um die Nachfrage einzuschätzen.
- Darüber hinaus sollte man die weltweiten Wirtschaftsdaten im Auge behalten, vor allem die aus China, da dieses Land inzwischen der zweitgrößte Erdölkonsument auf der Welt ist. Allerdings liefert dieses Land noch keine verlässlichen Zahlen über den genauen Verbrauch. Es ist dennoch möglich, die Wirtschaftsmeldungen aus China zu analysieren, da aus ihnen Aussagen zum Wirtschaftswachstum hervorgehen, woraus sich wiederum die Nachfrage ableiten lässt.
- Die Entwicklung alternativer Energien ist ebenfalls ein entscheidender Faktor. Je mehr sich die Technologie verbessert und sinnvolle alternative Angebote entstehen, desto mehr sinkt die Abhängigkeit von Öl. Eine Ausbreitung von erneuerbaren Energien kann demzufolge zu einer sinkenden Nachfrage nach Öl führen.
- Um die weltweite Nachfrage nach Rohöl zu antizipieren, sollte man zudem unbedingt auf den US-Dollar achten. Die Kurse für Rohstoffe werden meist in US-Dollar festgelegt. Das bedeutet, dass der Rohölpreis vom Kurs dieser Währung beeinflusst werden kann. Ein schwacher Dollar auf dem Devisenmarkt favorisiert die Investition in Öl und steigert die Nachfrage.
Die technische Analyse für die Vorhersage der Kursentwicklung von Öl
Sie haben nun detaillierte Informationen über die Faktoren, die das Verhältnis von Angebot und Nachfrage nach Öl und damit dessen Preisentwicklung beeinflussen. Darüber hinaus müssen Sie jedoch auch eine technische Analyse einbeziehen, bevor Sie eine Position für diesen Vermögenswert zeichnen.
Für eine solche Analyse nutzen Sie am besten personalisierbare Charts, wie sie von Onlinebrokern angeboten werden. Dort können Sie sich verschiedene Trendindikatoren und Volatilitätsindikatoren anzeigen lassen. Nur wenn die Signale aus der technischen Analyse und aus der Fundamentalanalyse übereinstimmen, ist eine Vorhersage für die Kursentwicklung am verlässlichsten und Sie können Ihre Positionen für diesen Vermögenswert optimieren.